Die neue Maschinenverordnung (EU) 2023/1230, die ab dem 20. Januar 2027 gilt, und die Verordnung (EU) 2023/988 über die allgemeine Produktsicherheit sind zentrale Säulen des europäischen Produktsicherheitsrechts. Beide Verordnungen wurden als Reaktion auf technologische Entwicklungen und Fortschritte, insbesondere Digitalisierung, Automatisierung und neue Vertriebswege wie den Onlinehandel, grundlegend neu ausgelegt. Sie greifen ineinander, indem sie ein kohärentes Sicherheitsniveau für Produkte im europäischen Binnenmarkt sicherstellen.
Abgrenzung der Anwendungsbereiche
- Die MVO regelt spezifisch die Sicherheit von Maschinen und maschinenbezogenen Produkten. Sie definiert detaillierte Anforderungen an Konstruktion, Risikobeurteilung, technische Dokumentation, CE-Kennzeichnung und Konformitätsbewertung für Maschinen. Auch digitale und funktionale Veränderungen an Maschinen werden erstmals explizit erfasst und führen zu Herstellerpflichten, wenn sie sicherheitsrelevant sind.
- Die ProdSV gilt als das allgemeine Sicherheitsnetz für alle Verbraucherprodukte, die nicht durch spezielle EU-Rechtsakte, wie z. B. die MVO geregelt sind. Sie gilt seit dem 13. Dezember 2024 unmittelbar für alle EU-Mitgliedsstaaten und ersetzt die vorherige Produktsicherheitslinie 2001/95/EG. Ihr Ziel ist es, ein hohes Schutzniveau für Verbraucherprodukte zu sichern, insbesondere bei Produkten ohne spezifische Einzelregelung. Die ProdSV regelt neue Pflichten für Hersteller und Importeure von Produkten.
Schnittstellen und Wechselwirkungen
- Spezialitätsprinzip: Für Maschinen gilt primär die MVO. Die ProdSV gilt für Produkte, für die keine spezifischen EU-rechtlichen Bestimmungen über die Sicherheit der betreffenden Produkte gelten. So wird eine Überschneidung vermieden und ein lückenloses Schutzniveau gewährleistet.
- Harmonisierung der Anforderungen: Beide Verordnungen fordern eine umfassende Risikoanalyse, technische Dokumentation und klare Informationspflichten. Die ProdSV legt besonderen Wert auf mehrsprachige, zielgruppengerechte und qualitativ hochwertige Produktinformationen – Anforderungen, die auch für Maschinen relevant sind.
- Marktüberwachung und Rückrufpflichten: Beide Verordnungen stärken die Marktüberwachung und verlangen von Herstellern und Händlern effektive Rückruf- und Informationssysteme. Die ProdSV geht hier noch weiter und verpflichtet alle Wirtschaftsakteure zu internen Prozessen, um die Sicherheit während des gesamten Produktlebenszyklus zu gewährleisten.
- Onlinehandel und Digitalisierung: Die ProdSV enthält erstmals spezifische Pflichten für den Onlinehandel, etwa zu Herstellerkennzeichnung und Rückrufanzeigen auf Marktplätzen. Diese Anforderungen wirken sich auch auf Maschinen aus, wenn sie online direkt an Verbraucher verkauft werden.
Praktische Auswirkungen und Herausforderungen
- Unternehmen müssen künftig noch präziser prüfen, ob ihr Produkt unter die MVO oder die ProdSV fällt und die jeweils einschlägigen Anforderungen erfüllt.
- Die ProdSV verpflichtet alle Wirtschaftsakteure zu einem ganzheitlichen Produkt-Compliance-Management, das auch für Maschinenhersteller relevant wird, wenn sie Produkte außerhalb des Anwendungsbereichs für Maschinen betreiben.
Fazit
Die neue MVO und die ProdSV bilden gemeinsam ein sich ergänzendes Sicherheitsnetz: Die MVO regelt spezifisch die Sicherheit von Maschinen, während die EU-ProdSV als Auffangregelung für alle anderen Verbraucherprodukte dient und überall dort greift, wo keine speziellen gesetzlichen Vorgaben existieren. Beide Verordnungen erhöhen die Anforderungen für Hersteller, Händler und Importeure und tragen so zu einem höheren, europaweit einheitlichen Produktsicherheitsniveau bei.
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